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Ernährungsplan, Diäten und Pseudoweisheiten

Ich halte nichts von Diäten. Weder ernährungstechnisch, noch politisch (zumindest in deren Höhe). Aber beschränken wir uns mal auf die Ernährung, beim anderen haben wir ohnehin kein Mitspracherecht. Ich halte nichts von Diäten, weil sie teilweise an den Haaren herbeigezogen sind und teilweise ohne jegliche wissenschaftliche Belege Leute dazu auffordern, sich einer Ideologie anzuschließen. Eine Ideologie aus Verboten und Selbstkasteiung – das macht für mich keinen Sinn.

 

 

Nicht selten erlebe ich es bei Catering-Anfragen, dass mir direkt eine ganze Allergie-Liste mitgeschickt wird: keine Tomaten, kein Knoblauch, keine Zwiebeln, keine rohen Karotten, nur geschälte Paprika, kein Soya, keine Linsen, keine Nüsse, kein Histamin und vor allem… KEIN BÖSES GLUTEN!!!! Gluten ist ohnehin die Königin der selbstdiagnostizierten Unverträglichkeiten (an dieser Stelle möchte ich keine Unterscheidung von Allergie und Unverträglichkeit machen, auch wenn es wissenschaftlich korrekt wäre).

 

Es ist teilweise absurd, gegen was die Menschheit heutzutage alles allergisch ist. Statistisch gesehen, leidet z.B. jede 10. Person an einer Laktoseunverträglichkeit, jedoch nur jeder 100. an einer Zölliakie (Glutenunverträglichkeit). Ich beobachte es eher umgekehrt. Zumindest werde ich deutlich häufiger gefragt, ob denn das böse Gluten in Speise XY mit drin ist, weil man es ja überhaupt nicht vertragen würde. Schließlich sind sich die meisten Internetdoktoren sicher: du isst Brot und hast einige Zeit danach Probleme -> das muss eine Glutenunverträglichkeit sein. Dass in einem Land, dass sich eigentlich weltweit mit seiner Brotkultur (zurecht) rühmt, jedoch viel zu viele Leute nur diese kurzgährige braune Scheibenpappe in Plastikfolie aus dem Discounter kennen und als gutes Brot bezeichnen würden, ist selbstredend dafür, dass viele Menschen keine Ahnung haben, was da eigentlich alles für ein Mist drin ist. Ebenso treibt es mich auf die Palme, wenn ich sehe, dass in fast allen Discountern mittlerweile Backautomaten stehen, bei denen suggeriert wird, dass man hier frisches Brot in Bäckerei-Qualität bekommt. Man erhält auf Knopfdruck ein frisch gebackenes Brot für 1,99 €. Die 8-zeilige Zutatenliste unterhalb des Preises kann man gut ignorieren. Ist ja auch viel zu klein geschrieben. Hier sollte eigentlich der gesunde Menschenverstand einsetzen.

 

Um es kurz zu machen: die meisten Leute, die denken sie könnten nur „glutenfreies Brot“ essen (bei dem übrigens häufig nicht weniger Zusatzstoffe drin sind), vertragen einfach dieses Potpourri an künstlichen Inhaltsstoffen nicht. Nicht das böse Gluten ist schuld, sondern dieser übertriebene Sparsinn beim Essen. Billig, viel, satt muss es machen. Das teuerste Motoröl, aber das billigste Speiseöl. Schließlich ist das Auto wichtiger als der eigene Körper. Nicht unerwähnt möchte ich auch einfach natürliche Unverträglichkeiten lassen. Wenn ich mir z.B. jeden Tag 2 Liter Milch reinzünden würde, würde ich mit Sicherheit auch Verdauungsprobleme bekommen., obwohl ich keine Laktoseunverträglichkeit habe. Aber zu viel von einem ist eben nicht gut und führt häufig zu den gleichen Symptomen wie bei einer Unverträglichkeit. Sollte man auch bedenken.

 

Aber auch Diäten spielen eine entscheidende Rolle, den Glauben an Unverträglichkeiten zu nähren. Du darfst dies nicht, das ist schlecht, das auf gar keinen Fall.  Bei einer Catering-Anfrage wurde ich darum gebeten, für 13 Personen zu kochen. Unter den 13 Personen wären 3 Veganer/innen, 3 Personen mit Glutenunverträglichkeit und eine Person, die sich nach der sog. Low-High-Fodmap ernährt. Ich hatte nie etwas von letzterer gehört, glücklicherweise wurde mir dafür direkt ein Link mitgeschickt, was erlaubt ist und was nicht: https://www.katescarlata.com/lowfodmapdietchecklists/

Somit wusste ich also, dass diese eine Person zwar Tomaten essen darf, aber KEINE sonnengereiften Tomaten. Feste kleine Bananen, aber KEINE normalgroßen reifen Bananen. Rote Bete, solange sie konserviert und eingelegt ist, aber bloß KEINE frische!!!

 

Ich habe das Catering nicht angenommen.

 

Das ist einfach absurd. Das hat doch Ausmaße angenommen, bei denen ich mir einfach nur an den Kopf fassen muss.

 

Ich persönlich habe mich nie „Low Carb“ ernährt. Ich esse Nudeln, wann ich möchte, vorzugsweise mit ein bisschen Vorlauf bevor ich Sport mache (die Kohlenhydrate der Kraft wegen). Nach dem Sport etwas Proteinreiches, das wars dann auch schon. 

(Eine Liste mit besonders proteinhaltigen vegetarischen/veganen Lebensmitteln findet ihr übrigens hier: https://www.gruenersepp.de/top-5-vegetarisch-vegan-proteinquellen/ )

Etwas Obst, viel Gemüse, Nüsse, kein Vollkornbrot (dem kann ich nichts abgewinnen). Wenn ich Lust auf einen Kuchen habe, dann esse ich auch einen und denke mir nicht, dass ich es eigentlich nicht darf, keine Margarine, weil sie mir nicht schmeckt, sondern Butter. Keine fettreduzierte Milch, kein fettreduzierter Käse. Meine Blutwerte sind gut, ich fühle mich fit.

 

 

Wer nicht den ganzen Tag am Rechner sitzt und abends die Couch hütet und zumindest ein bis zwei mal die Woche Sport macht, der muss sich meiner Meinung nach auch nicht den Kopf zerbrechen, was er nun essen darf oder soll, weil irgendein selbsternannter Ernährungsguru das sagt. Oder weil die Arbeitskollegin das auch so macht. Oder weil es irgendein Youtube-Coach dir erzählt hat. Wenn ihr nicht wirklich ernsthafte Probleme mit dem Gewicht und der Gesundheit habt, dann müsst ihr auch keine Diäten machen.

 

Denn (gutes) Essen ist ja bekanntlich auch gut für die Seele.

 

Und wenn ich wochenlang nur das esse, worauf ich keine Lust hab, dann würde mich das extrem frustrieren. 

 

Der Vollständigkeit halber:

Für alle diejenigen, die tatsächlich unter Unverträglichkeiten leiden, habe ich natürlich vollstes Verständnis. Das ist sch... und  nervig. Als Kind hatte ich sehr starke Neurodermitis. Bis ich 3 war, durfte ich fast nichts anderes als einen bestimmten Brei, der nach Karton schmeckte, essen. Und auch danach sah meine Speisekarte sehr eingeschränkt aus. Während meine Schwestern in der Pizzeria ganz normal eine Pizza essen durften, durfte ich nur den Rand (?!) essen. Keine Äpfel, keine Zitrusfrüchte, keine Marmelade, ... das einzig süße, das ich essen durfte war Zuckerrübensaft (dieses eklige "Goldene" Zeug). Also Brotrinde mit Zuckerrübensaft. Warum auch immer das so war... Wahrscheinlich hat es der Kinderarzt vor knapp 30 Jahren meinen Eltern so empfohlen. Ich weiß also wie es ist, wirklich nicht zu dürfen (hatte ja keine Wahl als kleiner Stöpsel).